Bildhauerin DORIS SOLENTHALER
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Modellbau

Das Kloster Muri ist gebaut. Stein auf Stein, Ziegel an Ziegel. Für das am 12. April 2014 neu eröffnete Museum Kloster Muri, baute ich es noch einmal. Allerdings etwas kleiner und in Gips. Der ist zwar nicht so dauerhaft aber als Vorlage für den späteren Bronzeguss ein perfektes Material.

Die Vorgehensweise unterschied sich ebenfalls markant von derjenigen der Bauleute des 11. Jh., als das Kloster gegründet wurde.
Ich errichtete meine „Bauhütte“ in der Werkstatt, wo ich fortan Stunden um Stunden Gebäudekerne aus Isolationsmaterial zusägte und mit Gips verputzte. Millimeterweise trug ich auf, wartete bis der Gips trocknete, kontrollierte Winkel und Masse und raspelte, wo nötig, wieder ab. Dann erneut Gips auftragen, abraspeln, auftragen, abraspeln etc. etc. Die Gipsproduktion lief auch schon wie am Fliessband: Etwas Wasser in den Becher, zwecks längerer Verarbeitungszeit einige Tropfen Zitronensaft dazu, dann den Gips rieseln lassen, kurz umgerührt und – gleich noch eine Portion. Daneben Spachtel putzen, nachmessen, ein Blick auf Pläne und Fotos und weiter ging‘s mit abraspeln, auftragen, Gips anrühren, nachmessen, abr… So reihte sich allmählich Turm an Kirchenschiff, Singisenflügel an Kreuzgang, Ostfassade an Südfassade, bis alle Teile die Abtei so darstellten, wie sie sich im Jahre 1847 präsentierte.
Dann kamen die Dächer. Bei diesen zum Teil komplexen Dachkonstruktionen waren Abwicklungen gefragt. Nun verlagerte ich den Arbeitsplatz ans Reisbrett und nahm statt Spachtel und Gips, Zirkel und Blech zur Hand. Hier ein Schnitt, da ein Falz und das Dach war schon fast gedeckt. Dann kamen die Turmhelme….Bei dieser filigranen Arbeit musste ich tief in die Trickkiste greifen und mein Geduldsfaden war mehr als einmal kurz vor dem zerreissen. Nun ging‘s beim Gipsen nicht mehr um Millimeter sondern um Tröpfchen. Habe ich übrigens schon erwähnt, dass ich die praktisch fertige Westfassade samt Dachkonstruktion einmal vom Boden kratzen musste? Spätnachts war das Malheur schliesslich behoben. Am nächsten Tag erwartete ich eine Delegation der Auftraggeber.
Aber alle Mühe war vergessen als endlich auch die Umgebungsgestaltung abgeschlossen war und sich das Kloster im frühlingshaften Aussenlicht in seiner vollen Pracht präsentierte.
Mit dem fertigen Modell fuhr ich alsbald nach Muri um es der Museumskommission zu zeigen. Als die Türme des Klosters in der Ferne auftauchten kamen sie mir vor wie alte Bekannte und ich freute mich wie eine Schneekönigin über die kleinen Abbilder hinter mir im Auto.
Bei der Montage des Bronzemodells kurz vor der Eröffnung war ich zwar auch zufrieden aber diese Freude bei der ersten Fahrt nach Muri war nicht mehr zu toppen.
Natürlich tauchte bei den Vorbereitungen auch die Frage auf, ob ein 3D-Drucker dieses Modell nicht effizienter und genauer gefertigt hätte? Vielleicht. Aber die manuelle Bearbeitung der Oberflächenstruktur wäre für den 3D-Drucker eine Überforderung. Denn nur die Handarbeit macht das Modell zu einem eigenständig geformten Abbild des Originales und wird so zu einem Artefakt.